Nachdem wir uns in den letzten Artikeln vollkommen den Aufgaben auf und um die Farm gewidmet haben, wollen wir uns im heutigen Artikel langsam, aber sicher der Verarbeitung nach der Ernte widmen. Im Artikel über den Coffee Producer haben wir die einzelnen Schritte, die Kaffee nach der Ernte durchläuft bereits angeschnitten.
Doch in diesem Artikel behandeln wir den wohl wichtigsten Schritt in der Verarbeitung des Kaffees, wenn es um den Geschmack im Tassenprofil geht. Es ist die Aufbereitung Rohkaffee. Also der Prozess, bei dem die Kaffeekirsche zu Rohkaffee verarbeitet wird. Dieser Prozess wird in der Kaffeewelt allgemein als Aufbereitung Rohkaffee, oder auch als Processing bezeichnet. Der Prozess der Aufbereitung Rohkaffee ist dabei äußerst komplex und vor allem gibt es zahlreiche Unterschiede, die verschiedene Auswirkungen auf den Kaffee haben, die auch du selbst in deiner Tasse spüren kannst. Viel Spaß und einen guten Einblick in die Welt der Kaffee Verarbeitung wünscht dir Elias Fischbacher von der Wildkaffee Rösterei.
Aufbereitung Rohkaffee - Allgemeines
Doch was steckt jetzt genau hinter dem Begriff Aufbereitung Rohkaffee beziehungsweise wie funktioniert dieser Prozess? Allgemein ist die Aufbereitung der erste Verarbeitungsschritt, der nach der Ernte durchgeführt wird. Es ist der Prozess, bei dem das Fruchtfleisch, der Fruchtschleim sowie die Pergamenthaut der Kaffeekirsche vom Kern gelöst wird.
Der Kern der Kaffeekirsche ist dann der eigentliche Rohkaffee. Beim Processing bzw. der Aufbereitung Rohkaffee gibt es zahlreiche verschiedene Varianten, die mit unterschiedlichen Mechanismen arbeiten. Gerade im Zuge der Third Coffee Wave wurde bei der Aufbereitung Rohkaffee intensiv getüftelt, denn die verschiedenen Aufbereitungsmethoden bringen eben auch verschiedene Geschmacksnoten in deinen Kaffee, die vom Coffee Producer gezielt beeinflusst werden können. Welche Varianten der Aufbereitung Rohkaffee es im Detail gibt, erfährst du in den folgenden Abschnitten.
Aufbereitung Rohkaffee - Klassische Methoden
Wie in fast jedem Wirtschaftszweig gibt es auch in der Aufbereitung Rohkaffee Varianten, die schon vor hunderten Jahren angewandt wurden. Diese bezeichnen wir als Klassiker. Bis heute sind diese klassischen Methoden der Aufbereitung Rohkaffee, die, die am häufigsten verwendet werden. Gerade in Entwicklungsländern, in denen Kaffee kultiviert wird, fehlt es oft an Geld oder Informationen über neuartige Aufbereitungsmethoden.
Des Weiteren werden für gewisse Methoden der Aufbereitung Rohkaffee moderne Maschinen benötigt, die sich gerade kleinere Farmer nicht leisten können. Die klassischen Aufbereitungsmethoden als minderwertig zu betrachten, ist aber definitiv nicht richtig. Die klassische Aufbereitung Rohkaffee sorgt für klaren, nuancierten Kaffeegeschmack, der die typischen Noten aus den Kaffees in den Ursprungsländern hervorhebt. Doch auch unter den Klassikern der Aufbereitung Rohkaffee gibt es Unterschiede. Und das sind die klassischen Aufbereitungsmethoden:
Aufbereitung Rohkaffee - Gewaschen / Washed
Bei der gewaschenen Aufbereitung Rohkaffee, auch bekannt als Washed Aufbereitung, wird der Kaffeegeschmack wohl am authentischsten wiedergegeben. Die Kirschen werden zunächst in ein großes Becken geleert. Dabei werden die oben schwimmenden Kirschen aussortiert – die anderen werden durch den Entpulper geschickt, der die eigentliche Rohkaffeebohne, also den Kern, vom Fruchtfleisch der Kaffeekirsche trennt. An der Rohkaffeebohne bleiben dann nur noch das Silberhäutchen sowie die Mucilage. Um diese zu entfernen, werden die Bohnen im gleichen Becken nochmal „leicht“ fermentiert.
Dieser Prozess beeinflusst auch den Geschmack der Bohne, jedoch ist die Hauptaufgabe dieses Prozesses, die Mucilage zu entfernen. Nach diesem Prozess wird die Rohkaffeebohne noch einmal gewaschen und anschließend in der Sonne getrocknet. Bei der gewaschenen Aufbereitung Rohkaffee wird der ursprüngliche Geschmack des Länderkaffees bewahrt. Besonders in den hohen Lagen in Südamerika wird die gewaschene Aufbereitung angewandt, doch auch in Teilen Afrikas wird die gewaschene Aufbereitung angewandt.
Aufbereitung Rohkaffee - Halbtrocken / Semi Washed / Honey Processed
Eine Mischung aus gewaschener und trockener Aufbereitung ist die halbtrockene Aufbereitung Rohkaffee. Ähnlich wie bei der gewaschenen Aufbereitung werden die Kaffeekirschen als erstes gewaschen und geschält oder auch gepulped. Die übrigen Silberhäutchen sowie die Mucilage wird nun aber nicht per Fermentation und einem weiteren Waschvorgang entfernt, sondern wie bei der trockenen Aufbereitung Rohkaffee in der Sonne getrocknet.
Die Bohnen müssen bei der Trocknung aber aufmerksam beobachtet und regelmäßig gewendet werden, da sonst ein unerwünschter Fermentierungsprozess eintreten könnte, oder noch gravierender, die Bohnen könnten faulen und dadurch komplett unbrauchbar werden. Die Mucilage und die Silberhäutchen bilden gemeinsam eine schleimig-klebrigen Schicht, die an Honig erinnert. Daher nennt man diese Aufbereitung Rohkaffee auch Honey Processing. Die Süße dieses Schleims widerspiegelt sich tatsächlich auch im Tassenprofil.
Aufbereitung Rohkaffee - Trocken / Natural
Die ursprünglichste Aufbereitungsmethode ist aber ganz klar die trockene Aufbereitung Rohkaffee. Diese Methode ist auch als Natural Aufbereitung bekannt und wird besonders in trockenen, heißen Regionen durchgeführt, in denen eine niedrige Luftfeuchtigkeit herrscht. Die Kirschen werden dabei meist auf sogenannte African Beds oder Drying Beds gegeben. Diese Trocknungsbetten sind leicht erhöht und verfügen über ein luftdurchlässiges Netz, auf welches die Kirschen zum Trocknen gegeben werden.
Durch die Auflagefläche werden die Kirschen von allen Seiten belüftet und trocknen somit auch schneller. Bei kleineren Farmen werden die Kirschen auf einer größeren gepflasterten Fläche ausgebreitet und in der Sonne getrocknet. Um die Kirschen vor Niederschlag zu schützen, werden oftmals auch Planen oder Dächer aufgebaut. Um eine Gärung oder gar Schimmel zu verhindern, müssen die Kirschen während des Trocknungsprozesses stets gewendet und begutachtet werden. Nach etwa 2 bis 5 Wochen ist der Trocknungsprozess beendet. Die Farbe hat sich von einem kräftigen Rot in ein dunkles Braun verändert. Geschmacklich verfügen natural aufbereitete Kaffees über einen fein süßen, aber dennoch klaren Geschmack, der die ländertypischen Geschmackswelten nuanciert zum Vorschein bringt.
Aufbereitung Rohkaffee - Experimentelle Methoden
Neben den Klassikern unter den Aufbereitungsmethoden gibt es auch neuartige Methoden, die sich gerade im Zuge der dritten Kaffeewelle, auch bekannt als Third Coffee Wave, durchgesetzt und weiterentwickelt haben. Bei diesen Methoden steht vor allem das Spiel mit der Fermentation im Vordergrund. Die gezielte Fermentation der Kirschen sorgt für außergewöhnliche Noten im Tassenprofil. Diese Noten bewegen sich stark ins fruchtige und können als durchaus verrückt bezeichnet werden.
Doch gerade Freunde des Specialty Coffee lieben diesen einzigartigen Geschmack. Kein Wunder, denn gewöhnt man sich einmal an die spritzig-fruchtige Geschmacksvielfalt, so will man kaum andere Kaffees mehr genießen. Wie diese komplexen Geschmackswelten genau entstehen und welche Varianten es dabei genau gibt, erfährst du in den folgenden Abschnitten.
Aufbereitung Rohkaffee Anaerobic
Die Anaerobe Aufbereitung ist eine doch eher komplexe Methode, um das Fruchtfleisch von der Bohne zu lösen. Doch die komplexe Verarbeitung erzielt im Endeffekt auch ein komplexes Geschmackserlebnis, dazu aber später mehr. Anaerob bedeutet allgemein, dass der Kaffee ohne Sauerstoff aufbereitet wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass das Fruchtfleisch vom Kern der Kirsche abgewaschen wird und gemeinsam mit den Kernen in die sogenannten Fermentationstanks gegeben wird.
Die Tanks werden dann sauerstoffdicht verschlossen, wodurch eine Fermentation ganz ohne Sauerstoff entsteht. Das beim Fermentationsprozess entstehende CO2 wird durch ein spezielles Ventil an den Tanks herausgeleitet. Tatsächlich gibt es aber auch die Methode, bei der die Kirschen im gesamten in die Tanks gegeben werden. Die Variante ist dabei ganz vom geschmacklichen Ziel des Coffee Producers abhängig. Die Fermentation dauert meist um die 72 Stunden, woraufhin eine lange Trocknungsphase auf die Rohkaffeebohnen wartet. Die Anaerobe Aufbereitung verleiht dem Kaffee ein vollkommen neuartiges Geschmackserlebnis. Der sehr aufwändige Prozess verleiht dem Tassenprofil eine fruchtige Süße, die man durchaus als echte Besonderheit beschreiben kann.
Aufbereitung Rohkaffee Aerobic
Die aerobe Aufbereitung Rohkaffee funktioniert hingegen gegenteilig zur anaeroben Variante. Die Kirschen werden dabei in sogenannten Open Air Tanks fermentiert. Die Tanks sorgen für eine sauerstoffreiche Umgebung. Ein weiterer Unterschied ist der Vorgang nach der Ernte. Die Kirschen werden bei der aeroben Aufbereitung trocken in die Tanks gegeben, während die Kirschen bei anaerober Variante vorher gewaschen werden.
Die reifen Kirschen werden bei durchschnittlich 24 Grad in den Tanks für rund 86 Stunden fermentiert. Anschließend folgt wiederum ein langer Trocknungsprozess, der rund 28 Tage lang andauert. Bei der Fermentation bilden sich Mikroorganismen, die den Geschmack des Kaffees beeinflussen. Der lange Zeitraum der Fermentation sowie die lange Trocknungsphase ermöglichen dem Kaffee einen spannenden, blumigen Geschmack mit fein fruchtigen Akzenten im Tassenprofil.
Aufbereitung Rohkaffee - Mosto
Eine ebenfalls eher verrückte Aufbereitungsmethode ist die Mosto Aufbereitung Rohkaffee, die in der Kaffeewelt eher als Candy Natural geläufig ist. Die Mosto Aufbereitung funktioniert ebenfalls nach dem Fermentations Prinzip, jedoch werden die Kirschen nicht in großen Tanks und mit Wasser oder gar natural fermentiert, sondern in spezielle GrainPro Säcke gegeben.
In diesen GrainPro Säcken werden die reifen Früchte mit einem sogenannten „Mosto“, der Saft, der bei der anaeroben Aufbereitung Rohkaffee in den Tanks entsteht, vermischt. Die Kirschen fermentieren dann für 3-4 Tage in den Säcken, ehe sie auf African Beds zum Trocknen ausgelegt werden. Der Kaffee muss dabei besonders häufig gewendet werden, sodass eine langsame, gleichmäßige Trocknung entstehen kann. Der Kaffee besticht durch eine fruchtige Süße die mit hohem Säureanteil sowie einem komplexen Körper abgerundet wird.
Aufbereitung Rohkaffee - Microorganism
Bei der Aufbereitung Rohkaffee, insbesondere bei den experimentellen Methoden, entstehen vor allem durch Fermentation Mikroorganismen, die den fruchtig-süßen Geschmack ins Tassenprofil bringen. Doch was passiert, wenn man zusätzliche Mikroorganismen in der Fermentation arbeiten lässt? Einfach gesagt ein komplexes Kaffeeerlebnis.
Gerade in der heutigen Zeit ist die Herstellung eigener Mikroorganismen auf den Plantagen ein signifikanter Part, wenn es um den Anbau nach den Prinzipien des Organic Farming geht. Die Mikroorganismen werden meist aus den Überresten der Aufbereitung Rohkaffee gewonnen und können vielseitig verwendet werden. Sei es als Pflanzenschutzmittel, als Dünger oder eben für die Aufbereitung. Der Einsatz von Mikroorganismen in der Aufbereitung erfordert aber eine Menge an Erfahrung. Sie müssen gezielt eingesetzt werden, damit der Kaffeegeschmack sich nuanciert und klar entwickeln kann.
Aufbereitung Rohkaffee - Infusion
Langsam kommen wir bei den größten experimentellen Aufbereitungsmethoden an. Die Infusion Aufbereitung kann man getrost als etwas verrückter bezeichnen. Wie die anderen Methoden arbeitet auch diese Aufbereitung mit der Fermentation. Der Unterschied dabei ist aber, dass nicht nur der Kern im eigenen Fruchtfleisch fermentiert wird, sondern dass etwaige geschmacksgebende Zusätze mit im großen Stahltank oder Behälter fermentiert werden. Das kann eine Orange Infusion, eine Coconut Infusion oder ähnliches sein. Der Kreativität sind hierbei keine Grenzen gesetzt, wobei die Infusion stets natürlichen Ursprungs sein müssen. Künstliche Aromen oder ähnliches sind nicht erwünscht und gestattet. Das Endergebnis verspricht durch die geschmacksgebenden Zusätze ein außergewöhnliches Tassenprofil mit sich.
Aufbereitung Rohkaffee - Carbonic Maceration
Eine weitere ausgefallene Methode, um das Fruchtfleisch vom Kern der Kirsche zu lösen, ist die Aufbereitungsmethode Carbonic Maceration, auch Kohlensäuremaischung genannt. Diese Methode wurde von der Weinherstellung inspiriert und sorgt für außergewöhnliche Noten im Tassenprofil. Auch bei dieser Methode werden die Kirschen zuerst sortiert und anschließend in einen großen Edelstahltank gegeben, der sauerstoffdicht versiegelt wird.
Es wird Kohlendioxid in den Tank gepumpt und da Sauerstoff leichter ist als CO2 wird er über ein Ventil an der Oberseite des Tanks herausgedrückt. Die unterschiedlichen Pektine und Zucker, die bei der Fermentation entstehen, werden von den natürlichen Mikroorganismen verarbeitet. Das Resultat: Herausragende Tassenprofile, die einen Geschmack von süßen Früchten hervorbringen.
Der Unterschied zwischen klassischer und experimenteller Aufbereitung
Wie du bereits lesen konntest, unterscheiden sich die klassischen Aufbereitungsmethoden dann doch deutlich von den experimentellen Varianten. Ganz klar ist auch, dass die jeweiligen Varianten auch auf unterschiedliche Zielgruppen abzielen. Während die klassischen Aufbereitungen Rohkaffee den ländertypische Kaffeegeschmack klar und nuanciert wiedergeben, bestechen die experimentellen Varianten durch außergewöhnlich fruchtig-süße Akzente.
Durch die verrückteren geschmacklichen Akzente konnten die Farmer und Producer ihren Kaffee auch an andere Zielkunden verkaufen und konnten so auch andere Kaffeehändler von ihrem Kaffee überzeugen. Die Aufbereitung Rohkaffee entwickelt sich in dieser Hinsicht stetig weiter, wodurch immer wieder neue, interessante Noten zum Vorschein kommen. Die klassischen Aufbereitungen hingegen haben sich seit Jahren etabliert und bilden die Basis aller neuartigen Aufbereitungsmethoden. Allgemein kann man sagen, dass die Klassiker unter den Aufbereitungen auf den typischen Geschmack der Ursprungsländer abzielen, während die experimentellen Varianten außergewöhnliche Noten im Auge haben. #staywild