Vielleicht hat es der ein oder andere schon selbst gemerkt: Die Kaffeepreise sind derzeit so hoch wie schon seit 47 Jahren nicht mehr. Ein Pfund Arabica wird an der Börse mit 3,26 Dollar gehandelt. Die Preise für Robusta haben sich im vergangenen Jahr fast verdoppelt. Das kann zu vielen Ergebnissen führen. Ein Ergebnis ist sowohl für Röster wie auch für Verbraucher sicher: Kaffee wird teurer. Wobei die Auswirkungen auch größer sein können, wir schauen uns das Ganze mal an.
Kaffeepreis so hoch wie nie – Warum
Preise für Rohkaffee sind auf einem Höchststand seit 1977. Der Grund dafür ist vielfältig, aber es spielen viele Ängste mit rein: Dafür sorgt die neue EUDR, EU-Entwaldungsrichtlinie, bei der man als Kaffeeröster oder -produzent belegen muss, dass der hergestellte Kaffee ohne Rodung von Regenwald auskommt. (Hier wurde zwar der Stichtag mittlerweile verschoben, aber die Angst darüber hat sich dennoch auf den Preis ausgewirkt.) Dies und unschöne Wetterbedingungen führten zu der Angst es könnte zu einer Versorgungsunterbrechung in Spitzenproduzentenländern wie Brasilien und Vietnam. Die Kaffeewelt steht unter Schock – auch wenn man eine derartige Entwicklung hätte kommen sehen können. Schon Ende des vergangenen Jahres, hat der Softwarehersteller Algrano eine Big Short-Theorie aufgestellt, in der die Rede von einer Krise im Kaffeehandel war. Diese Krise verglich das Unternehmen sogar mit der Finanzkrise von 2008.
Kaffeepreis so hoch wie nie - Auswirkung
Der Preis für Arabica ist also um 70 Prozent in diesem Jahr gestiegen. Für Anleger gut, für Röster, Einzelhändler und Verbraucher nicht so schön. Dieser rasante Preisanstieg bleibt nicht ohne Auswirkung auf die globale Lieferkette beziehungsweise auf die Kosten für jeden Teilnehmer der Lieferkette. Betrachtet man den größeren Kontext, ist der Preisanstieg größtenteils auf Wetterprobleme zurückzuführen. Brasilien, der größte Kaffeeproduzent der Welt, war mit einer anhaltenden Dürre und Hitzewelle konfrontiert, die die Kaffeebäume schädigte und die Produktion für die kommende Saison verringerte. Auch in Vietnam, dem führenden Robusta-Produzenten, gab es schwierige Umweltbedingungen. Diese Knappheit an Kaffee wirkt sich wie erwartet an der Börse auf die Preise aus: Gleiche Nachfrage bei weniger Güter und die Preise steigen. Und zwar für alle, bis hin zum kleinen Kaffeetrinker um die Ecke.
Kaffeepreis so hoch wie nie – nur bedingt schlimm
Diese massive Preissteigerung macht sich vor allem bei Röstern und Unternehmen bemerkbar, die Kaffee an der Börse kaufen. Da wir unseren gesamten Kaffee direkt bei den Produzenten beziehen und schon immer höhere Preise als an der Börse gezahlt haben, trifft uns die neueste Preissteigerung nicht massiv. Und somit auch nicht unsere Kunden.
Im direkten Handel sichern wir uns durch die höheren Preise nicht nur das Wissen, dass die Kaffeeproduzten fair bezahlt werden, wir bekommen natürlich auch hochwertigen Rohkaffee.
Außerdem ist es fraglich, ob die Kaffeepreise längere Zeit auf so einem hohen Niveau bleiben werden. Normalerweise kommt nach einer massiven Steigung auch eine Korrekturphase, in der sich die Preise wieder nach unten bewegen und sich irgendwo zwischen dem alten Preis und dem neuen Höchstpreis einpendeln.
Kaffeepreis so hoch wie nie – Herausforderungen sind da
Branchenvertreter wie die Specialty Coffee Association (SCA) warnen schon seit einigen Jahren vor der „Preiskrise“, die wir jetzt haben. Seit 2019 versucht eine Preis-Initiative der SCA, die Diskrepanz zwischen Erzeugerkosten und Marktpreisen zu beseitigen. Auch wenn die Kaffeepreise (eventuell) auf lange Sicht nicht so hoch bleiben werden, wird es in den kommenden Monaten eine hohe Volatilität geben. Die Preise werden also stark schwanken, bevor sie sich auf ein neues Niveau für längere Zeit festlegen. Mit dieser Volatilität muss man als Produzent, Röster und Verbraucher umgehen lernen.
Viele mögen den aktuellen Preisanstieg als Sieg für die Kaffeeproduzenten feiern. Das diese nun endlich auch bei börsengehandeltem Kaffee fair entlohnt werden. Doch die Realität ist komplexer. Denn neben einem gestiegenen Pfundpreis für Rohkaffee, sind auch die Kosten in den Ursprungsländern für Arbeits- und Düngemittel gestiegen. Zusammen mit ebenfalls steigender Inflation bleiben die Margen für Kaffeebauern genauso knapp wie auch schon zuvor.
Kaffeepreis so hoch wie nie – Machtpositionen verschieben sich
Dennoch hat die Preissteigerung auch ein paar positive Seiten: Die Machtverhältnisse verschieben sich etwas zugunsten der Kaffeefarmer, da das Produkt nicht mehr im rauen Überfluss vorhanden ist. So können die Landwirte entschieden, an wen sie ihren Kaffee verkaufen und somit oft den Höchstbietenden wählen.
Es könnte jedoch auch sein, dass im Bereich des Specialty Coffees, Verbraucher zögern stark gestiegene Preise für Premiumkaffees weiterhin zu bezahlen. Und wenn sich die Verbraucher dagegen entscheiden, könnte die Idee der Preisnachhaltigkeit kaum mehr als ein Ideal sein.
Kaffeepreis so hoch wie nie – ist es überhaupt eine Krise?
Viele reden in dem Zusammenhang der massiv gestiegenen Preise für börsengehandelten Kaffee von einer Krise. Oft wird dieser Begriff von den Akteuren verwendet, die gerne den Status quo erhalten wollen. Also Kaffee zu so niedrigen Preisen wie möglich zu kaufen.
Das Ziel der SCA – und auch vieler Röster am Markt, unter anderem wir – ist es, dass es zu einer nachhaltigen Preisgestaltung am Markt kommt. Deswegen kaufen so viele Röstereien nur direkt, den denn bleibt nicht das meiste Geld bei Zwischenhändlern hängen, sondern kommt direkt beim Kaffeefarmer an. Doch es geht nicht nur um den Preis an sich: Wirklicher Fortschritt geht über höhere Zahlungen hinaus – er erfordert ein Verständnis für die Realität der Landwirte, die Förderung von Gerechtigkeit und den Aufbau nachhaltiger Praktiken. Der Wandel wird durch direktes Engagement, gemeinsame Verantwortung und langfristige Maßnahmen zur Stärkung der am stärksten gefährdeten Produzenten entstehen.
Kaffeepreis so hoch wie nie – dennoch kann es eng werden
Röstereien, insbesondere kleine Spezialitätenmarken, stehen unter Druck, da die Kosten für Rohkaffee die ohnehin knappen Margen schmälern. Größere multinationale Unternehmen könnten den Sturm besser überstehen, indem sie Größenvorteile und diversifizierte Portfolios nutzen, um ihre Rentabilität aufrechtzuerhalten. Kaffeeproduzenten hingegen können zurzeit mehr verdienen, damit sollten sie aber vorsichtig sein. Diese Gewinne sollten sie absichern für den Fall weiterer Preisanstiege oder für Zeiten mit stark schwankenden Kaffeepreisen.
Schließlich merken auch die Verbraucher die gestiegenen Kosten durch höhere Preise für Kaffee in Supermärkten oder Cafés. Dies wiederum kann dazu führen, dass Verbraucher weniger Kaffee außer Haus trinken und für zu Hause auf günstigere Kaffees ausweichen. Das Ganze kann sich aber auch positiv auswirken, wenn Verbraucher erkennen, dass der gestiegene Preis von Kaffee damit zu tun hat, dass die tatsächlichen Kosten für die Produktion einfach höher sind, als man oft denkt. Durch diese Transparenz könnte eine neue Dynamik entstehen, die dafür sorgt, dass jeder in der Kaffee-Lieferkette mehr Verantwortung für die gesamte Branche übernimmt. Das mehr Wertschätzung für das Produkt entsteht.
Kaffeepreis so hoch wie nie – was bringt die Zukunft?
Nichtsdestotrotz hat jede Medaille zwei Seiten: Die aktuellen Preissteigerungen können dazu führen, dass Kaffeeproduzenten und Käufer bzw. Röster sich besser verstehen, besser aufeinander hören und enger zusammenarbeiten, um Entlohnungen für Produzten zu verbessern und hochwertigeren Kaffee auf den Markt zu bringen. Sie können jedoch auch dazu führen, dass langjährige Partner sich entfremden und nicht mehr zusammenarbeiten. Werden hohe Preise Anreize für Innovation und Nachhaltigkeit schaffen oder werden sie die Ungleichheiten innerhalb der Lieferkette vergrößern? Beides ist möglich. Wir hoffen auf Innovation und Nachhaltigkeit, denn die Kaffeeindustrie benötigt eine Strukturreform, die eine gerechte Vergütung für Produzenten und nachhaltige Anbaubedingungen gewährleistet.
Kaffeepreis so hoch wie nie – Fazit
Die Preise für Rohkaffee sind massiv gestiegen. Das bedeutet, ein Kaffee oder Cappuccino im Café könnte demnächst etwas mehr kosten. Die Margen für Produzenten, Röster oder Gastronomie könnten sich jedoch auch einfach verringern. Uns hat die Preissteigerung nicht so sehr getroffen, da wir schon seit vielen Jahren auf Nachhaltigkeit und direkten Einkauf setzen, da es wichtig ist, dass vor allem bei den Kaffeefarmern eine gerechte Vergütung ankommt. Somit bezahlen wir bereits lange höhere Preise im Einkauf als zum Beispiel für börsengehandelter Kaffee.
Insgesamt wäre es besser, die aktuelle Preissteigerung nicht als Krise zu sehen, sondern als Chance. Als Chance, die echten Kosten für die Produktion von Kaffee zu verstehen und damit einen angemessenen Preis zu bezahlen. Denn je mehr beim Kaffeefarmer ankommt, desto hochwertiger wird der Kaffee, den wir so gern genießen!