Morgens schnell eine Tasse Kaffee, um wach zu werden oder gar auf dem Weg in die Arbeit „nur“ einen To-Go-Kaffee. Das alles ist normal, und das krasse Gegenteil der Slow Coffee-Bewegung. Was genau die Slow Coffee-Bewegung ist und was du und ich davon haben, das klären wir in den folgenden Abschnitten.
Slow Coffee – das beliebteste Getränk
Kaffee gehört mit mehr als 160 Liter pro Kopf und Jahr zu den beliebtesten Getränken der Deutschen, noch vor Bier und nur knapp hinter Wasser. Das ist zum einen gut, zum anderen aber auch mit negativen Aspekten behaftet. Früher war Kaffee noch ein Luxusgut – nur den Reichen und Schönen vorbehalten. Mittlerweile wird Kaffee an der Börse gehandelt, ist jedem zugänglich und leider wird er auch oft zu Dumpingpreisen gehandelt. Dadurch ist er zwar kein Luxusgut mehr und jeder kann ihn genießen, aber auf der anderen Seite muss man sehen, dass dadurch vor allem die Erzeuger nicht fair entlohnt werden.
Slow Coffee – Nicht mit Stress verbinden
Häufig wird in unserer Zeit und Kultur der Konsum von Kaffee mit einem stressigen Alltag verbunden. Im Büro, auf dem Weg zur Arbeit, to go im Auto, der Bahn oder auf dem Weg irgendwohin. Allein schon letzterer Begriff, to go, verdeutlicht, dass sich Wenige die Zeit nehmen, sich hinzusetzen und sich voll auf den Genuss eines Kaffees zu konzentrieren. Wir leben sowieso in einer Zeit, die durch all die Technik und Infrastruktur sehr hektisch geworden ist. Früher – mit Pferd und Karre – hat die Reise ins nächste Dorf auch mal einen ganzen Tag gedauert. Heute machen wir uns Sorgen, wenn wir in 5 Minuten nicht am Ziel sind oder ein Paket länger als zwei tage braucht, um anzukommen. Slow Coffee hat nichts mit Stress zu tun – ganz im Gegenteil.
Slow Coffee kommt von Slow Food
Schon seit vielen Jahren gibt es Fast Food auf dem Markt. Auch wenn viele Menschen Fast Food mögen, und es hier und da auch gutes Fast Food gibt, hat es selten etwas mit Genuss oder Achtsamkeit zu tun. Es geht um das schnelle Beseitigen von Hunger. Oft kann man den heutigen Kaffeekonsum dem gleichsetzen: Es geht um etwas Warmes im Magen, um den kurzen Koffeinkick, um die Möglichkeit, morgens die Toilette zu besuchen. Dem Fast Food hat vor einigen Jahren der Slow Food-Trend liebevoll den Kampf angesagt. Es ist wieder schick und "in" sich Zeit zu lassen. Den gesamten Prozess vom Essen Zubereiten bis hin zum letzten Bissen zu zelebrieren und mit Achtsamkeit zu genießen. Und aus diesem Trend ist auch der Slow Coffee entstanden, der diese Achtsamkeit auf den Genuss von Kaffee umlegt.
Slow Coffee – wie mache ich das?
Im Grunde ist es ganz einfach einen Slow Coffee zu genießen.
1. Mach dir eine Tasse Kaffee
2. Genieße sie in Ruhe
Das sind die rudimentären Grundlagen von allem. Genieße es. Nimm dir die Zeit, etwas ohne Hektik zu machen und genieße es bewusst. Dabei ist es egal, ob du ein Buch liest, die Spülmaschine ausräumst, einen Kaffee trinkst oder Spazieren gehst. Wenn du etwas bewusst tust, dann ist die Zeit, die du damit verbracht hast, nicht verloren. Auch wenn es Bügeln war.
Slow Food und Slow Coffee gehen noch einen Schritt weiter und zelebrieren auch den Weg zur Tasse Kaffee. Ein wenig so wie die japanische Teezeremonie oder die äthiopische Kaffeezeremonie. Es geht um die Wertschätzung des Produktes, die Achtsamkeit bei der Zubereitung und dann auch um den Genuss.
Slow Coffee – Welche Methoden eignen sich?
Auch diese Frage ist einfach und doch differenziert zu betrachten. Jede Methode eignet sich. Sogar ein Espresso, der ja per Definition etwas Schnelles ist. Die meisten Slow Coffee-Genießer verbinden mit diesem Trend eine Tasse Filterkaffee. Der Prozess zu deiner Tasse Kaffee kann mit dieser Methode einige Minuten dauern.
1. Kaffeebohnen abwiegen und frisch mahlen (18 g Kaffee auf 270 ml Wasser)
2. Filterpapier und Handfilter mit heißem Wasser auswaschen
3. Frisch gemahlenen Kaffee in Filter gießen
4. Bloomingphase (60 ml Wasser in Kreisbewegungen aufgießen und ca. 30 Sekunden ziehen lassen)
5. Die restlichen 210 ml Wasser in Kreisbewegungen langsam und konstant nachgießen
6. Das Brühgefäß kurz schwenken, um die einzelnen Schichten Kaffee zu vermischen
7. Erst einmal am frisch gebrühten Kaffee riechen
8. Die perfekte Tasse aussuchen
9. Kaffee eingießen, dabei die Farbe des Getränks wahrnehmen
10. Hinsetzen, die Wärme der Tasse in der Hand spüren, einen Schluck Kaffee nehmen, Aromen erschmecken, genießen.
Das ist keine Anleitung, die du exakt nachmachen musst. Finde deinen Weg und versuch dabei alle Sinne einzusetzen. Genieße das im Kaffeemehl versinkende Wasser, erfreue dich am Duft frisch gemahlenen Kaffees, höre das sanfte Blubbern der Bloomingphase, wenn das CO2 aus dem Kaffee entweicht, fühle und schmecke.
Slow Coffee – Espresso geht auch
Auch wenn der Espresso für den schnellen Kaffeegenuss steht, kannst du diese mit ebenso viel Achtsamkeit und Slowness aufbrühen und genießen. Dazu gehören schließlich auch einige Arbeitsschritte:
• Bohnen wiegen und frisch mahlen (eventuell auch mit etwas Wasser besprühen)
• Tassen vorwärmen
• In Siebträger füllen
• WDT-Tool, Leveler oder andere Methode anwenden
• Tampern
• Eventuell Filter auf Pulver legen
• Einspannen, aufbrühen
• Fließenden Espresso beobachten
• Umrühren
• Riechen, sehen, schmecken, genießen
Schau dir einfach ein paar Instagram-Reels an, da gibt es viele, die es schaffen aus einem „Kurzen“ Espresso eine richtige achtsame Zeremonie zu machen. Ein paar davon findest du auch auf unserem Instagram-Kanal.
Slow Coffee – und was ist mit den anderen Methoden?
Wir denken, dass du mit jeder von dir gewählten Zubereitungsmethode achtsam sein kannst und es somit immer zu einem Slow Coffee werden kann. Egal, ob du French oder Aeropress Kaffee machst, einen Perkolator oder eine Bialetti benutzt oder eine Chemex oder einen Vollautomaten für deinen Kaffeegenuss einsetzt. Solange du den gesamten Vorgang bewusst, fokussiert und achtsam angehst, kannst du immer einen Slow Coffee genießen. Es geht vor allem darum, dass du dir die Zeit (in dir, deinem Herzen, deiner Seele) nimmst, um dich auf den Kaffee einzulassen. Und ihn nicht einfach husch husch zwischen zwei Terminen reinschüttest, um wach zu bleiben.
Slow Coffee – was ich dafür benötige
Hier, sagen wir es mal so, beginnt der Slow Coffee. Je mehr dein Kaffeegenuss einem Hobby gleicht, umso mehr Achtsamkeit ist im Spiel. Und umso mehr Equipment wirst du besitzen.
Für einen Filterkaffe benötigst du im Grunde nur einen Handfilter, Filterpapier, gemahlenen Kaffee und heißes Wasser. Wenn du es aber genauer angehen willst, dann benötigst du eine Feinwaage, einer eigenen Mühle, eventuell verschiedene Handfilter, um den besten oder um Abwechslung zu finden, eine geeignete Kanne, mehrere Filterpapiere, vielleicht auch den Paragon von Nucleus Tools oder weitere Accessoires, die auch wir noch nicht kennen.
Für einen Espresso benötigst du nur eine Siebträgermaschine, gemahlenen Kaffee und einen Tamper. Du kannst aber auch noch WDT-Tools, kleine Filterpapiere, eine Feinwaage, Sprühflasche, um Bohnen zu befeuchten, einen Leveler et cetera besitzen. Jeder Schritt mehr ist ein Schritt mehr zur Achtsamkeit und zu einer Art Zeremonie. Vergiss dabei aber nicht, dass es im Endeffekt nur um die innere Einstellung geht, das bewusste Erleben – auch wenn du etwas weniger Schritte verwendest.
Slow Coffee – Fazit
Der Slow Coffee-Trend schafft im immer hektischer werdenden Alltag einen Gegenpol. Eine Tasse Kaffee entspricht einer Pause, einem Moment der Ruhe und des Genießens. Slow Coffee entschleunigt und wirkt fast etwas meditativ.
Es geht jedoch auch um Nachhaltigkeit und Fairness den Erzeugern gegenüber. Es geht um Wertschätzung eines mit harter Arbeit geschaffenen Luxusgutes. Denn leider ist der enorme Preisabfall des Kaffees ein großes Problem, dass vor allem zu einer unfairen Bezahlung bei Erzeugern führt. Auch hier greift Slow Coffee ein: Indem du dem gesamten Prozess und dem Produkt wieder mehr Beachtung schenkst, kaufst du vermutlich (und hoffentlich) fair oder sogar wie bei uns direkt gehandelte Kaffeebohnen.
Also nimm dir die Zeit, dir einen Kaffee zuzubereiten – mit so vielen oder so wenigen Schritten, und so viel oder so wenig Zeremoniell wie du möchtest. Und scheiß darauf, was Hater sagen. Egal, wie viele oder wenige Schritte und Minuten du benötigst für deine Tasse Kaffee – wenn du es nicht in Hektik machst und genießt, dann ist es genau richtig.