Die Mischung macht’s. Das gilt für jeden Bereich des Lebens. Also auch für deinen Kaffee oder Espresso. Hier nennt sich die Mischung professioneller Brew Ratio, also Brüh-Verhältnis. Zu dieser gibt es viele Theorien, noch mehr Praxis und ein bisschen Mathematik. Wir schauen uns das alles mal an, damit du das Kopfrechnen nicht übernehmen musst.
Was ist die Brew Ratio?
Für eine gute Tasse Kaffee brauchst du nicht mehr als Kaffeebohnen und heißes Wasser. Grundlegend schon, aber es gibt da ein paar Variablen, die du beachten solltest. Dazu gehören die Teilchengröße nach dem Mahlen des Kaffees, die Temperatur des Wassers, die Qualität des Wassers und natürlich die der Bohnen und auch die Zeit, in der sich gemahlener Kaffee und Wasser berühren. Und allen voran steht auch noch das Verhältnis zwischen Kaffeemenge und Wassermenge. Die sogenannte Brew Ratio. Es gibt nicht EINE Brew Ratio, sondern sie ändert sich je nach Zubereitungsmethode, Kaffee, verwendeter Maschine und so weiter.
Warum ist die Brew Ratio wichtig?
Einfach beantwortet: Wenn das Wasser-Kaffee-Verhältnis nicht stimmt, dann kann sogar der hochwertigste Kaffee einfach mies schmecken. Kurze Beispielrechnungen:
- Verhältnis 1 zu 2: fünf gehäufte Esslöffel Kaffeepulver (ca. 50 g) und dazu 100 ml Wasser ergeben eine abartig starke Brühe, die niemand trinken kann.
- Verhältnis 1 zu 20: fünf gehäufte Esslöffel Kaffeepulver (wieder ca. 50 g) und dazu 1.000 ml Wasser ergeben einen zwar trinkbaren Kaffee, aber er wird recht dünn sein.
Wie du siehst, passt beides nicht optimal. Es muss also die richtige Brew Ratio her. Oft wird ein Kaffee-Wasser-Verhältnis von 1:15 bis 1:18 (bei Filtermethoden) als ideal bezeichnet.
Brew Ratio – was mache ich damit?
Eine Brew Ratio von 1:15 bedeutet einfach, dass auf einen Teil Kaffee 15-mal so viel Wasser kommt. Ein Teil entspricht dabei einem Gramm oder einem Milliliter. Demnach brauchst du bei einer Brew Ratio von 1:15 etwa 270 Milliliter Wasser bei 18 Gramm Kaffee. Das zum Beispiel ist ein von unserem Barista und Wildkaffee-Austria-Geschäftsführer, Martin Wölfl, empfohlenes Rezept für Filterkaffee. Wir empfehlen dir generell für Filterkaffee ein Brew Ratio von 1:15 oder 1:16. Zumindest zum Anfangen, wenn du dir einen neuen Kaffee besorgt hast. Und dann kannst du natürlich experimentieren und schauen, wie sich der Geschmack verändert, wenn du die Brew Ratio etwas anpasst. Im Endeffekt zählt nämlich für die optimale Brew Ratio nur dein Geschmack.
Wie wichtig ist dieser Parameter?
Ja, ziemlich wichtig, wie bereits oben in der Beispielrechnung gezeigt.
Die Brew Ratio ist sogar die wichtigste Variable, wenn es darum geht, den Geschmack deines Kaffeegetränks zu beeinflussen. Die Brew Ratio wirkt sich sogar auf Zubereitungsaspekte aus und diese wiederum beeinflussen das Brühverhältnis. Also Mahlgrad, Brühzeit et cetera. Das Tassenprofil deines Kaffees ist von der Kaffeesorte, -qualität und -menge genauso abhängig wie von der Qualität und Menge des verwendeten Wassers. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass die Brew Ratio nicht nur einer der wichtigsten, sondern auch einer der unbeständigsten Faktoren beim Kaffeemachen ist. Im Grunde darfst (und solltest) du die Brew Ratio bei jeder Veränderung eines Parameters – wie Wasser, Kaffeesorte, Röstung, Mahlgrad – anpassen. Eigentlich ist das Brühverhältnis somit Dreh- und Angelpunkt jeder einzelnen Tasse Kaffee.
Full Immersion vs Pour Over
Schauen wir zum Beispiel auf die verschiedenen Arten Filterkaffee zu machen, erkennen wir gleich, dass es große Unterschiede gibt: Die Full Immersion-methode wie French Press oder die Pour Over-Methode wie mit dem Handfilter oder der Chemex. Bei der ersten Methode wirken Kaffee und Wasser viel länger zusammen, etwa 4 bis 5 Minuten. Und bei der Handfilter-Brühung ist der Prozess nach etwa 2,5 Minuten vorbei. Bei einem Espresso dauert es noch viel kürzer: Hier sind es lediglich 30 Sekunden in etwa. Also hat nicht nur die Wassermenge, sondern auch die Kontaktzeit zwischen Wasser und Kaffee Auswirkungen auf die Brew Ratio, da ein längerer Kontakt der beiden Rohstoffe dazu führt, dass mehr Aromen und Inhaltsstoffe extrahiert werden.
Wann muss ich die Brew Ratio verändern?
Immer. Vor allem aber immer dann, wenn du etwas anders veränderst. Die Brühmethode, den Kaffee, den Mahlgrad et cetera. Dann kannst du vom Grundrezept ausgehen und mehr Kaffee oder weniger Wasser verwenden und schauen, wie sich das Ergebnis – also der Geschmack – verändert. Am einfachsten lässt sich das anhand von den drei italienischen Klassikern aufzeigen: Ristretto, Espresso, Lungo. Überzeuge dich selbst, indem du dreimal den gleichen Kaffee, aber mit verschiedenen Brühverhältnissen machst: einen 1:1-Shot, einen 1:2-Shot und einen 1:3-Shot. Um alle drei unter „Labor-Bedingungen“ vergleichen zu können, solltest du die Extraktionszeit durch entsprechende Anpassung des Mahlgrads gleich halten – nämlich bei +/- 25 Sekunden.
Die Klassiker
Ristretto, Espresso, Lungo sind die drei italienischen Klassiker. Und eigentlich sind sie alle dasselbe Getränk, nur mit einer anderen Brew Ratio. Der Single Ristretto wird mit 8 bis 10 Gramm Kaffeepulver gemacht und ergibt 8 bis 10 Milliliter Getränk. Dies entspricht einer Brew Ratio von 1:1. Beim Single Lungo sind es immer noch 8 bis 10 g Kaffeemehl, dafür aber 24 bis 30 g fertiger Kaffee (1:3). Und der klassische Espresso ergibt mit der Brew Ratio 1:2 aus 8 bis 10 g Pulver 16 bis 20 Milliliter. Da sind die klassischen Rezepte.
Unsere Empfehlung für Espresso (einen Doubleshot): 16 bis 20 g Kaffee ergeben 35 bis 60 Milliliter. Hier hast du also eine Brew Ratio von 1:2,2 bis 1:3. Und ich sage es gern wieder, es hängt immer an der Bohne, dem Mahlgrad, der Maschine, dem Wasser und dem eigenen Geschmack. Also probiert es aus und findet eure ganz eigene Brew Ratio.
Faustformeln und Messwerkzeug
Am besten, du besorgst dir eine Feinwaage. Die hilft dir nicht nur beim Abmessen des Kaffees, sondern auch beim Aufbrühen, wenn du zum Beispiel mit dem Handfilter Kaffee machst. Ich bin ehrlich, es muss keine speziell für Kaffeebrühen entwickelte Waage sein, aber gut sind die Dinger schon. Sie messen Gewicht, Brühzeit, Milliliter und manche sogar die Durchflussraten. Natürlich kannst du auch mit einem Esslöffel abwiegen. Und auch wenn wir davon eher abraten, weil Kaffeebohnen auch unterschiedlich groß sind und so weiter, kannst du in einen gestrichenen Esslöffel etwa fünf Gramm Bohnen unterbringen. Aufgepasst: Mit Kaffeepulver hast du in einem Esslöffel schon fast zehn Gramm Kaffee. Im Fall von Esslöffeln mit Pulver, kannst du ein Löffel pro 120 Milliliter Wasser machen.Aber Abwiegen ist doch genauer!
Verschiedene Zubereitungen
Siebträger Espresso: 1:2 bis 1:3, das ist etwas, wobei du viel experimentieren darfst.
Siebträger Ristretto: 1:1 bis 1:1,5
Siebträger Lungo: 1:3 bis 1:4
Filterkaffee: 1:15 oder 1:16
Aeropress: wie Filterkaffee
French Press: 1:16 bis 1:18
Chemex: ähnlich wie Filterkaffee, eventuell noch bis 1:18 hochgehen
Herdkanne: die Kanne gibt die Brew Ratio eigentlich vor: Wasser bis zum Ventil und Pulver bis zum Rand des Siebs ohne anzudrücken.
Vollautomat: macht der Automat selbst, kann man aber im Menü einstellen. Hier gelten die Ratios von Espresso und Kaffee
Cold Brew: irgendwas zwischen 1:6 und 1:10
Fazit
Also wie irgendwo im Mittelteil bereits erwähnt, ist die Brew Ratio absolut wichtig für dein Geschmackserlebnis. Weniger Wasser auf mehr Kaffee und dein Getränk wird intensiver. Mehr Wasser auf weniger Kaffee und dein Getränk wird dünner und sanfter. In einem gewissen Rahmen darfst und solltest du experimentieren, um das für dich passende Brühverhältnis zu finden. Gleichzeitig darfst du aber auch im Auge behalten, dass beide Extreme deinen Kaffee versauen können. Entweder wird er unerträglich intensiv oder du trinkst halt Wasser. Vor allem bei neuen Kaffeebohnen stellt sich die Aufgabe, mit der Brew Ratio zu experimentieren. Und denk dabei immer daran, wenn du Dinge wie Mahlgrad, Wassermenge, Kaffeemenge, Brühzeit et cetera veränderst, dann ändere nur einen Parameter und probiere das Getränk. Dann weißt du gleich, wie sich dieser Parameter auf den Geschmack auswirkt und du weißt, welcher Parameter es war. Änderst du zum Beispiel Wassermenge und Mahlgrad, kannst du nicht herausfinden, was die Geschmacksveränderung herbeigeführt hat. In diesem Sinne, #staywild und frohes Experimentieren!